Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat ihren Gemeinden einen neuen Leitfaden für die Praxisarbeit gegeben. Das beschloss die Synode der EKHN im Juni diesen Jahres.
Die so genannte Lebensordnung, die ab dem 1. August 2013 gilt, gibt vor allem Gestaltungshinweise für kirchliche Amtshandlungen wie Taufe, Trauung oder Bestattung. Das reicht vom Vorschlag, sich stärker den Musikwünschen von Angehörigen bei Trauerfeiern zu öffnen bis zur Ermutigung, auch Nichtmitglieder oder Ausgetretene weiter zu kirchlichen Veranstaltungen einzuladen.
Mehr Toleranz gegenüber Andersgläubigen
Zudem werden religiöse Feiern mit anderen Religionen befürwortet. Schließlich wurde auch die seit über zehn Jahren in der EKHN bereits mögliche Segnung von eingetragenen Lebenspartnerschaften aufgewertet. Die Gottesdienste zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren sollen nach dem Willen des Kirchenparlaments mit den traditionellen Trauungen weitgehend gleichgestellt werden, sodass sie zum Beispiel ebenfalls ins Kirchenbuch eingetragen werden sollen.
Beschlossen wurde die neue Lebensordnung nach einer intensiven Debatte und mit überwältigender Mehrheit bei nur drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen von ingsesamt 134 stimmberechtigten Kirchenvertreter/innen.
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung, würdigte den neuen Leitfaden als „guten und orientierenden Text“. Die Ordnung soll nach Worten Jungs dabei „gerade kein Lexikon oder gar Gesetzbuch für alle Einzelfälle der Gemeindearbeit sein“. Vielmehr soll sie „zur sensiblen Wahrnehmung, zur theologischen Klärung und verantwortlichem Handeln“ anregen.
„Sich den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen“
„Die Lebensordnung bringt ins Bewusstsein, dass es permanent nötig ist, sich den gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen, sie biblisch-theologisch zu klären, um dann daraus Folgerungen für die eigene Arbeit zu ziehen“, so Jung.
Der Präses der Kirchensynode, Dr. Ulrich Oelschläger, lobte die „sachlich und engagiert geführte Debatte, die auch den Respekt gegenüber anders Denkenden nicht vermissen ließ, ebenso wie der entstandene Text“.
Anerkennung einer neuen Lebenswirklichkeit
Mit der weitgehenden Gleichstellung der Segnung Gleichgeschlechtlicher mit der Trauung, der Integration neuer Bestattungsformen, mit Empfehlungen für Gottesdienste im Rahmen des jüdisch-christlichen Dialogs reagiere die Ordnung vor allem auf eine neue Lebenswirklichkeit innerhalb der Gemeinden, erklärte Oelschläger.
Die alten Regelungen waren zum Teil über 50 Jahre alt. An der rund 40 Seiten umfassenden Neufassung der „Ordnung für das kirchliche Leben in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau“ wurde fast ein Jahrzehnt gearbeitet. Sie ersetzt Regelungen, die zum überwiegenden Teil noch aus dem Jahr 1962 stammen. In dem umfangreichen Entstehungsprozess hatten sich neben einer Kommission der Kirchenleitung und den Ausschüssen der Kirchensynode unter anderem auch Universitätstheologen sowie 196 Gemeinden, 14 Dekanatssynoden und elf Pfarrkonvente beteiligt. Künftig ist Toleranz in der EKHN also sogar gesetzlich verankert.
Quelle: www.ekhn.de